Zeit für eine neue Ausgabe von "TVIP-Der Report"! Diesmal mit dem Genuss-Experten, Thomas Goersch. Wie läuft ein Präsentationstag auf dem Bavaria-Filmstudio-Gelände?
01:45 Uhr
Der Wecker klingelt, eine unchristliche Uhrzeit. Ich bin am Vortag wieder mal früher ins Bett gegangen, aber wer nicht müde ist, der kann auch nicht schlafen und so habe ich gerade mal knappe 3 Stunden geschlafen.
Seit fast acht Jahren bin ich jetzt Foodexperte bei 1-2-3.tv. Aber ich verstehe mich auch als zusätzlicher Co-Moderator der Show. Ich stelle Feinkostprodukte aus dem Schwarzwald vor. Dies sind hauptsächlich Fleischspezialitäten, dazu noch Honig, Schnäpse, Wein und andere örtliche Leckereien. Ich war anfangs sehr kritisch wegen dieser Aufgabe, denn auf Menschen aus dem Shopping TV schaut man gerne etwas herab. Und ich hatte keine Ahnung, wie sich meine Tätigkeit im Shopping TV sich auf meine Schauspielarbeit auswirkt. Aber da ich unmittelbar vorher meine Moderation im Radio aufgehört hatte, sagte ich zu und übernahm die Herausforderung. Erst hatte ich nur ein paar Stunden am Tag und schon bald wurden es 2-3 Sendetage mit jeweils 5 Stunden Live-Sendung.
02:45 Uhr
Das Taxi holt mich ab. Ich wohne in Stuttgart und muss zu den Sendungen nach München in die 1-2-3.tv Studios fahren. Die Strecke mit der Bahn mitten in der Nacht kann eine Herausforderung sein, denn beim Oktoberfest sitzt man hier zwischen bereits Angetrunkenen, aber im Normalfall kann ich dann noch 2 Stunden Schlaf nachholen.
06:02 Uhr
Ich komme in München an. Noch schnell etwas Kleines zu Essen kaufen am Bahnhof und dann geht es mit dem Taxi weiter zu den Studios.
06:30 Uhr
Der Arbeitstag beginnt und bestimmt denken viele Zuschauer, dass ich meine überschminkte Nase nur in die Kamera halte und einen riesigen Berg Geld einstecke. Aber da gehört dann schon mehr dazu. Ich gehe zum Lager und hole die Ware, die vom Schwarzwald am Vortag per DHL angeliefert wird. Ich öffne die Pakete und sortiere die Ware nach den unterschiedlichen Produkten und nach den einzelnen anstehenden Sendungen.
Am Vortag habe ich hier eine Liste per Mail erhalten, was wann drankommt. Zwei Stunden braucht das auspacken. Und dann geht der Stress los, denn ich koche und brate alle Produkte selber, die an diesem Tag präsentiert werden. Meistens sind es 55 verschiedene Gerichte. Ein Teil davon muss im Ofen gemacht werden und so müssen vor der ersten Sendung zusammengerechnet 17-20 Stunden lang im Ofen gebraten werden. Verteilt auf fünf Öfen. Damit es für die erste Sendung reicht, braucht die eine sehr gute Planung, die ich am Abend vorher aufgrund der gelieferten Listen erarbeite.
Und hier beginnt der Stress, denn das Sendeschema ist nicht immer das Gleiche und dann fängt einmal um 10 Uhr oder wie heute um 13 Uhr. Aber alles muss vor der ersten Sendung draußen sein, denn über den Tag gibt es soviel zu tun, dass man nicht am Ofen stehen kann. Während die Sachen im Ofen sind, baue ich das Set (eine Küche) auf, die Dekoration, Kochgeschirr und was es so braucht. In der Regel eine Stunde vor der Show kommen dann noch zwei fleißige Helferinnen, die an diesem Tag 55 prächtige Teller dekorieren, auf die ich dann das Fleisch in der Sendung portionsweise anrichte.
Es ist immer ein regelrechter Zieleinlauf. Heute kommt noch zusätzlich hinzu, dass für ein neues Produkt noch ein Foto geschossen werden muss. Also muss neben den ganzen Vorbereitungen noch nebenher das Gericht gekocht werden und auf einem Teller zum fotografieren zum Fotografen in einem anderen Gebäude gebracht werden.
12:30 Uhr
Die letzte halbe Stunde vor jeder Show ist dann bereits fest verplant und alles muss auf seinem Platz stehen. Ich gehe dann mal zum schminken. Nun, in Zeiten von Corona, heißt dies, sich fernsehtauglich selbst zu schminken. Woher ich das kann? Nun als Schauspieler wird man ja öfter mal geschminkt, aber am Ende bin ich da auf mich alleine gestellt und man versucht nicht als Picasso zu enden. Dann geht es zum umziehen, denn die Arbeit am Ofen und im Stress ist schweißtreibend und man muss ja frisch aussehen. Dann zum Studioassistenten, der das Mikro anbringt.
13:00 Uhr
Die Sendung.
Ein Moderator mit dem ich vor der Sendung eigentlich selten Gelegenheit habe zu sprechen, trifft mich in der TV-Küche. Zu dem Zeitpunkt steht der ganze Ofen auf warm halten und ist randvoll mit Leckereien. Und neben mir schmurgelt es im Topf. Die Moderatoren sind zwar mit dem Grundablauf der Sendung alle in eine Richtung gebunden, aber jeder hat eine andere Art und Weise, auf die man sich jedes Mal einstellen muss und auch die Tageslaune spielt eine große Rolle. Man muss einfach gut drauf sein und Spaß haben, denn es gibt so viele Zuschauer, die die Sendung nicht nur anschauen, weil sie gezielt etwas kaufen, sondern sie schauen auch zu, weil sie unterhalten werden wollen. Sie mögen mich als Menschen und wollen mit mir vor der Kamera einfach Spaß haben.
Der ganze Stress der Vorbereitungen muss weg sein. Es darf keinen Ärger, Fehler oder Missstimmungen geben, denn das spürt der Zuschauer und man hat in der Sendung verloren. Und die Sendungen bei 1-2-3.tv haben es in sich. Es ist ein Auktionssender. Das heißt man hat bspw. 100 Stück eines Produktes und es wird solange verkauft, bis das Produkt ausverkauft ist. Währenddessen fällt der Preis und wenn man langsam verkauft, dann kann der Preis sogar so weit fallen, dass man beim Verkauf drauf legt.
Jede Art von Anspannung muss weg sein. Auch das Wissen, dass mir bei der Sendung wieder unzählige Augen zuschauen und jede Handbewegung, die Dicke der Scheiben, einen zu lockeren Ausspruch oder das vielleicht zu wild gemusterte Hemd vielleicht kritisieren werden, muss egal sein. Und trotzdem sind diese Sendungen am Tag für mich noch das Entspannteste, denn ich stehe zu meinen Produkten und vertrete sie gerne mit meinem ganzen Wesen. Vor den Sendungen, der Kampf mit der Zeit und zwischen den Sendungen noch die Kritikpunkte, denen man sich dann sofort ohne Pause stellen darf. Nun, das Wort Pause gibt es an so einem Tag eigentlich gar nicht, denn ich bin ja selbständig und unterliege keinem Arbeitsschutzgesetz und dann kann man das natürlich ohne Pause machen.
14:00 Uhr:
Nach der Sendung ist vor der Sendung und so kommen noch weitere vier Livesendungen. Die letzte Livesendung endet um 23:00 Uhr. Am Ende des Tages liefen alle Sendungen überdurchschnittlich gut und waren ein sehr guter Erfolg. Ich verdiene an einem Erfolg aber nichts, außer, dass meine Sendung nicht abgesetzt wird und ich nach acht Jahren immer noch Shows beim Auktionssender machen darf. Und so habe ich in dieser Zeit schon jede Menge Formate und liebe Kollegen gehen sehen.
Um 23.00 Uhr ist dann die letzte Sendung geschafft und ich hetze zum Hauptbahnhof, um noch nach Hause zu kommen. Vorher noch der prüfende Blick, ob alle Materialien aus den Sendung wieder den Weg zurück in meinen Schrank gefunden haben, denn das muss auch bis auf den Unterteller stimmen und verschlossen werden. Die übrigen Lebensmittelmuster werden von einem Bekannten abgeholt und noch zur "Tafel" gefahren, damit nichts kaputt geht. Um 00:00 Uhr geht mein Zug, den ich nach einem Kurzeinkauf gegen den Hunger am Hauptbahnhof München gerade noch erreiche. Um 2:15 Uhr in Stuttgart mit dem Taxi nach Hause und um 2:45 Uhr bin ich endlich wieder zu Hause. Nach einem Vollbad dann 03.15 Uhr endlich im Bett. So war ich dann 25,5 Stunden wach und im Volleinsatz.
Hier und da mag man sich fragen, warum man es überhaupt macht. Nun, einmal ist es toll, wenn ich sagen kann, dass durch meine Sendungen in den ganzen Jahren irgendwo 3.000 Kilo Fleisch an die Tafel gegangen sind, außerdem stehe ich natürlich voll hinter den Produkten und biete sie gerne den Zuschauern an. Was auch nicht unwesentlich ist: Ich verdiene durch diese Präsentationen meinen Lebensunterhalt. Wer die Lage der Schauspieler in Coronazeiten kennt, der weiss, dass man für jeden verdienten Euro dankbar sein muss.
Zur Person:
Thomas Goersch verkörperte von 2001 bis 2020 weit über 2020 Rollen in Kino-, Musikvideo- und Independent-Film-Produktionen. Mit deutschsprachigen Produktionen unter der Leitung des Extreme-Footage-Regisseurs Marian Dora zog er internationale Aufmerksamkeit auf sich.Wegen seiner Vielschichtigkeit und seinem Interesse an verschiedenen Genres engagierte man ihn wiederholt in ausländischen Filmproduktionen, welche nicht selten einen stark künstlerischen oder experimentellen Ton aufweisen, wie beispielsweise die Filme der polnischen Regisseurin Malga Kubiak. Durch Zusammenarbeit mit dem Regisseur Carl Andersen (1958–2012) trat Goersch in preisgekrönten Szeneproduktionen auf.Regisseur Alexander Tuschinski engagierte ihn für die LiteraturverfilmungWoyzeck(Short)
Filme mit Beteiligung Goerschs wurden in Polen, Schweden, Frankreich und den USA aufgeführt und ausgezeichnet.
Er war als Sprecher für die Radio-Comedy-SerieBeauty Palais aktiv, die in vier Ländern auf 24 Radiosendern ausgestrahlt wurde.