Moritz A. Sachs: Was macht "Klaus Beimer" aus der "Lindenstraße" heute?

Veröffentlicht am 10. Februar 2023 um 10:07

Moritz A. Sachs spielte von 1985 bis 2020 den Klaus Beimer in der "Lindenstraße". Nach dem Ende der Serie orientierte er sich um. Was er heute macht, verrät er uns in der neuesten Ausgabe von TVIP-Der Report.

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Um 7:00 Uhr geht der Wecker, ein schneller Blick aufs Handy, Nachrichten bei Teams? Eine. E-Mail? Fünf. Kurz überfliegen, kann alles noch etwas warten. Schnell noch die Mails wieder als ungelesen markieren, damit nichts untergeht und husch ins Bad, rein in die Klamotten. Weit habe ich es nicht bis zur Arbeit. Zur Zeit sitze ich noch im Homeoffice und bereite meinen nächsten Dreh vor. Im Mai soll es losgehen.

Als Produktionsleiter sitze ich in diesem Stadium der Produktion meist an meinem Schreibtisch oder tigere telefonierend durch mein Arbeitszimmer. Bewaffnet mit einem Kaffee werde ich heute die ersten Stunden meine Arbeitstages einen Teil des Budgets erstellen, bis mein Gehirn mir mitteilt, dass es eine andere Tätigkeit braucht, um effektiv weiterarbeiten zu können. Immer nur auf die kleinen Zahlen in Tabellen zu schauen ist möglich, ich persönlich mag es aber lieber, am Tag unterschiedlichen Aufgaben nachzugehen. So weit vor Beginn kann ich es mir noch etwas aussuchen, wann genau ich was tue.

Ein weiterer Kaffee ruft mich in die Küche. Nun wird es aber Zeit einen weiteren Teil meiner Arbeit anzugehen. Die Suche nach passenden Mitarbeiter*innen ist fast abgeschlossen, aber einige Positionen fehlen noch oder müssen noch verhandelt werden.

Natürlich erreiche ich den Ersten nicht und er ruft zurück während ich schon mit der Zweiten telefoniere. Das Gespräch läuft gut. Sehr angenehm, wir werden sie sicher gut im Team gebrauchen können. Gebucht. Rückruf bei Nummer Eins. Er hebt nicht ab, schreibt per SMS: Melde mich gleich, bin auf Motivtour.

Nummer Drei kann leider nicht, hat für unseren Zeitraum schon woanders zugesagt. Das passiert in den letzten Jahren immer häufiger, selbst mit viel Vorlauf. Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften hat auch vor dem Filmbereich nicht halt gemacht. Schade. Vielleicht kennt sie noch jemanden, den sie empfehlen kann? Nein. Nicht ganz so schlimm, ich habe auf der Position noch einige Eisen im Feuer.

Nummer Eins klingelt durch, ich bin aber leider da, wo man eben auch mal hin muss und mein Rückruf ist wieder zu spät. SMS: Morgen? SMS zurück: Gern.

Inzwischen ist es 16:00 Uhr, einige Angebote sind eingetrudelt auf die ich gewartet hatte. Budget nochmal auf, einmal nachtragen und wieder zu.

Um 18:00 Uhr wartet noch eine Besprechung via Teams. Budget. Diesmal ruft mich der Hunger in die Küche. Ein Brot, etwas Käse und Wasser werden da Abhilfe schaffen. Ich nutze die Zeit bis zur Besprechung um eines der neuen Drehbücher zu lesen. 1. Fassung. Also ganz frisch die Geschichte, auch für mich. Ich schnappe mir mein Tablet und schwinge mich, das Brot mümmelnd, aufs Sofa.

Der Positionswechsel tut gut und ich freue mich auf die neuen kleinen Abenteuer, die unsere Protagonist*innen erleben werden. Während ich lese mache ich mir gleich Notizen. Neues Motiv? Wie viele Gastrollen? Eine kleine Verfolgung auf dem Fahrrad. Ist das schon ein Stunt oder noch keiner? Das werde ich besprechen müssen. Komparsenaufwand? Geht das oder ist das für unser Format zu viel des Guten. Immerhin bin ich ja kein Schauspieler mehr sondern dafür verantwortlich, Geld und Produkt zusammenzuführen und zusammenzuhalten.

Kurz schweifen meine Gedanken ab, die Beschreibung eines Sets hat mich an die Dreharbeiten im letzten Jahr erinnert. Bald geht es für mich wieder für sechs Monate weg von zu Hause, in die Berge zum Dreh. Habe ich alles geregelt? Ob im März noch Schnee liegt und ich an einem Wochenende doch noch mein Snowboard zum Einsatz bringen kann. Den Urlaub musste ich ja absagen, doch zu viel zu tun. Komm,

Moritz, Konzentration. Die letzten drei Szenen, Fall gelöst. Ich sortiere meine Notizen, bevor es in die besagte 18:00 Uhr-Sitzung geht. Heute habe ich es geschafft mal um 19:00 Uhr vom Tisch wegzukommen. Ich gebe meiner Frau, die inzwischen wieder zuhause ist, einen Kuss und verkünde freudig, dass ich meine Ankündigung wahr machen kann und zu kochen gedenke. Das mache ich fast jeden Abend, aber in den letzte Wochen war ich so manches mal zu spät dran. Der Spaziergang zum Supermarkt wird mir gut tun.

Auf dem Weg ruft noch ein Kollege an, nur ein-zwei Kleinigkeiten. Ich stehe nun schon eine Weile vor dem Supermarkt. Alles geklärt, aber ich werde es mir zuhause noch aufschreiben müssen. Dies wird schnell noch erledigt.

Heute gibt es Fajitas. Ich mache mich an die Arbeit und merke wie ich mich dabei entspanne. Kochen ist für mich eines der besten Mittel um nach getaner Arbeit runter zu kommen. Da es noch dazu – finde ich jedenfalls und meine Frau beteuert desgleichen – lecker ist, darf es eigentlich nicht fehlen. Gerne auch mit Freunden, aber das muss bis morgen warten. Da treffen wir einige meiner ehemaligen Lindenstraßen-Kollegen. Ich freue mich riesig, wir haben uns Monate nicht gesehen.

Pling! Teamnachricht: Sag mal, hast du gerade mal Liste xy für mich. Zurück: Kommt. Nochmals zurück: Hier. Jetzt bin ich aber wirklich müde. Irgendwie ist es uns nach einer Folge „Hör mal wer da hämmert“- Da geht so schön viel schief.

Was nun noch bleibt ist wieder der Bad und das Bett. Und morgen etwas anders aber auf ein Neues. Bis sich im März mit Beginn der Vorbereitung vor Ort der Alltag ganz anders gestalten wird. Zu lang für einen Bürotag? Na gut, ganz kurz also die Zusammenfassung:

Bett-Bad-Küche-Schreibtisch-Küche-Scheibtisch-rumtiegern-Küche-Sofa mit Tablet-Schreibtisch-Supermarkt-Küche-Esstisch-Sofa-Bad-Bett.

Kommt euch bekannt vor? Mir auch. Nun muss ich aber Schluss machen. Anruf wegen der Verabredung morgen Abend. Wir müssen noch festmachen wann und wo.

Zur Person:Moritz A. Sache ist Jahrgang 1978. Von 1985 bis 2020 spielte er den Klaus Beimer in der ARD-Serie "Lindenstraße". Nach dem Ende der Serie orientierte er sich um und ist nun eher hinter der Kamera tätig.