Hier ist der WDR. Ralf Raspe über einen Tag im Landesstudio Aachen

Veröffentlicht am 24. Februar 2022 um 22:33

Bereits vor knapp 12 Jahren hatte Ralf Raspe vom Westdeutschen Rundfunk einen Tag in seinem Leben für TVIP - Der Report beschrieben... 

2010 war er noch Moderator der WDR Lokalzeit aus Aachen. Vor einiger Zeit ist er zum Hörfunk (WDR 2) gewechselt und erzählt uns nun, wie ein typischer Tag heute bei ihm abläuft. Sein Beitrag von 2010 endet mit dem Satz "Und ich kann ja ausschlafen. Ohne Wecker." Was das mit dem neuen Bericht zu tun hat, erfahren Sie hier.

Biebipp.... Biebipp.....Biebipp.... Ich höre es – aber ich brauche es nicht mehr. Auf dem Wecker steht 3:55.... ich bin um 3:54 wach geworden. Von alleine. Keine Ahnung, wie der Körper das so hinbekommt, aber selten ist das nicht.

3:55... das klingt schlimmer, als es ist. Ich gehe ja auch entsprechend früh ins Bett – 6 h Schlaf reichen in der Regel. Und ich bin fitter, wenn ich alleine wach werde, als wenn ich doch den Wecker brauche. DIE Wecker, denn zu groß ist die Sorge, zu verschlafen. Also einmal das Handy und einmal ein normaler Wecker. Nur für den Fall, dass es doch passiert. Mit dem Wiedereinschlafen.

Also los! Vorsicht mit der dunklen Treppe. Hallo Leo! Der Kater hat mich gehört und kommt zur Begrüßung. Recken. Strecken. Um die Beine streichen. Das übliche Spiel, wenn die Chance besteht, der Zweibeiner wird auch zum Dosenöffner. Leo hasst meine Frühdienste, weil er dann nicht mit ins Bett darf. Von den 6h Schlaf brauche ich wirklich jede Minute. Ein absurd laut schnurrender Kater, der gerne auch 2/3 des Oberbettes für sich erobert in der Nacht.... sorry Leo, nicht, wenn „Wecker Gnadenlos“ am Start ist.

Eine knappe Stunde habe ich Zeit für Bad und Käffchen. Die Stullen sind schon geschmiert und warten im Kühlschrank. Ein Apfel. Eine Banane. Wasser. Alles einpacken und sicherheitshalber schon mal an die Türe stellen. Das Vertrauen in mein Hirn am frühen Morgen ist begrenzt.

Noch einen Guten-Morgen-Zettel für den besten Gemahl der Welt – dann los.

Im Sommer nie ein Thema – im Winter der ängstliche Blick, ob und wie dick das Auto zugefroren ist. Das kostet Zeit und morgens um 5 Uhr zu kratzen, ist noch mal eine andere Nummer als um 8.

Eine kurze Fahrt in die Aachener Innenstadt, dort ist unser Studio. 10 entspannte Minuten, die eine gute Einstimmung sind. Erste Nachrichten im Radio hören, innerlich vorbereiten.

Im WDR-Studio dann ein kurzer Talk mit Elke, unserer Empfangsdame. Sie steht NOCH früher auf und kommt von NOCH weiter her. Respekt. Den Stapel Zeitungen schnappen – Pflichtlektüre – und hoch.

Ich mag das Gefühl, morgens alleine in der Redaktion zu sein. Im dunklen Haus in die 1. Etage. Ins Büro. Die kleine Schreibtischlampe einschalten; das große Deckenlicht ist mir zu aufdringlich um die Uhrzeit.

Die Rechner hochfahren am Schreibtisch und in der KBE, unserem Übertragungsraum für die Regionalnachrichten auf WDR 2. Ein eher kleiner Raum mit einem Rechner, der Sendeeinheit für das Übertragen unserer Nachrichten und zwei Mikrofonen – eines für die Presenter, eines, wenn jemand zum KollegInnen- Gespräch dazukommt. Vier, fünf mittlerweile längst vertraute Klicks später das bekannte Bild auf den Bildschirmen: die noch leere Hülle der ersten Sendung an diesem Morgen auf dem einen, die Übersicht über den Radiotag auf dem anderen. Kurzer Check. Alles gut gefüllt, die Meldungslage ist prima, der Kollege vom Vorabend hat klasse vorbereitet.

Alle Rufumleitungen der Nacht raus, alle wichtigen Telefone auf meinen Apparat. Los geht’s.

Eine Nachrichtensendung aus den Regionalstudios auf WDR 2 besteht in der Regel aus zwei Nachrichtenminuten – das heißt, ich lese einen Antext zu den Infos der KollegInnen, die sie dann aber selber gesprochen und abgespeichert haben und die dann von mir abgerufen werden – plus eine Meldung und das Wetter. Das Wetter in der Primetime 6:30/7:30/8:30 kommt gesprochen von den KollegInnen aus der WDR 2-Wetterredaktion. Kurze und knackige Infos zum Wetter in der Region, mit dem Charme einer weiteren Stimme in der kurzen Sendung von etwas mehr als 2 Minuten.

Die erste Sendung steht soweit, ist im System eingepflegt und startbereit.

Aber das wäre ja Stand Vorabend. Deswegen ist der Rundruf bei den Polizeistellen der Region und der Feuerwehr Pflicht. Irgendwas aus der vergangenen Nacht, was für uns meldenswert wäre? Nein? Prima. Wirklich prima, denn wenn Feuerwehr und Polizei etwas zu melden haben, ist es ja selten erfreulich. Also gut, wenn nichts passiert ist. So bleibt denn auch die 6:30 wie sie ist.

Die Regionalnachrichten folgen auf die Weltnachrichten – immer „um halb“. Die Zeitvorgabe ist klar und fest vorgegeben: 2:15 bei den Sendungen am Morgen, 2:00 ab 9:30. Das heißt eben auch, dass man manchmal um Sekunden kämpft, hier eine andere Formulierung sucht, dort - schweren Herzens – eine Info, die interessant ist, aber nicht essentiell, doch streichen muss. „Kill your darlings“ gilt auch hier. Zu lang darf es nicht geben, Rausfliegen ist so mit das Ärgerlichste, was einem passieren kann.

Die Sendung ist also fertig. Ausdrucken und.... Stoppuhr raus. Ja, das System rechnet für uns, aber sicherer fühle ich mich, wenn ich alles in Nachrichtenart einmal laut vorgelesen und gestoppt habe. Wenn es dann noch passt, ist alles prima. Außerdem wecke ich so meine Stimme, und die Inhalte sind mir vertraut, wenn ich sie dann in der KBE live präsentieren werde.

Kurz vor halb... mit den Zetteln in die KBE, Kopfhörer auf, die KBE „scharf“ schalten und während die Werbung läuft noch einmal die Nachrichten lesen. Die Weltnachrichten...nach zwei Minuten dann unser Signal: „Das war WDR Aktuell“

Nun werden alle 9 Landesstudios „on air“ geschaltet, die eigene Hörfunksendungen haben. „Nachrichten aus Ihrer Region, die Lokalzeit auf WDR 2“ - ist der Opener für alle. Ich steige ein: „Für Aachen und die Region, mit Ralf Raspe, guten Morgen“

Die Nachrichten laufen gut durch. Interessante Themen an diesem Morgen. Auch um Braunkohle geht es wieder. Eines der großen Themen in unserer Region auf allen Ausspielwegen.

Die letzte Meldung ist durch. Ich löse das Wetterbett aus – ein dezenter Musikteppich, der unter den gelesenen Wetterinfos zu hören ist – jetzt läuft die Zeit aufs Ende zu. Mit einem Auge auf der ablaufenden Uhr, mit einem auf dem Text, lese ich das Wetter vor. Zwei Ortsmarken aus unserer Region sind immer dabei und dann hängt es natürlich auch davon ab, wie viel Zeit ich überhaupt fürs Wetter habe. Text ist genug da, so dass ich auch Spielmasse habe, um möglichst dicht ans Ende unseres Nachrichten-Zeitkorridors zu kommen. Die zwei Minuten sind um, ich bin fertig und zwei Sekunden später kommt der Abbinder des Wetterbettes, eine Art Schlussakkord – schon aus Köln. Das Programm switcht zurück - die KollegInnen vom landesweiten Morgenmagazin aus Köln übernehmen wieder.

Und so ist jeder Morgen. Um 9:00 unsere tägliche Frühschalte mit den verantwortlichen KollegInnen aller Gewerke an diesem Tag bei uns – Fernsehen, Radio, Internet. So sind alle alle auf dem neuesten und demselben Stand.

Später rufen die KollegInnen der Fernsehnachrichten an, sie fragen im Land ab, wo Spannendes passiert ist, das vielleicht bereits für WDR aktuell um 12:45 interessant sein könnte.

Dazwischen geht der Blick immer wieder auf die Agenturen. Ein Telefonat mit der Hörfunk-Planung, wenn sich Themen am Morgen ergeben; sollte nicht doch der Tagesreporter/ die -reporterin da mal hinterher recherchieren, vielleicht eine Nachrichtenminute einsprechen?

Um halb 12 ist die letzte Sendung der Morgenschiene. Übergabe an die Nachmittagsschicht. Desinfizieren der KBE nicht vergessen und dann: Feierabend. Das übliche Tief zwischen 9 und 10 ist heute ausgeblieben. Trotzdem – zuhause geht es erst mal für eine Stunde aufs Sofa.

Leo muss das mit der Bettdecke noch nachholen und ich... ein bisschen Schlaf. Respekt für alle, die eine ganze Woche oder länger um diese Uhrzeit raus müssen.

Ich mag die Frühdienste trotzdem. Der Morgen mag hart sein, aber dafür gehört einem noch der ganze restliche Tag. Bis um 21 Uhr Zahnputzzeit ist. Denn am nächsten Morgen bin ich nochmal am Start. Für Aachen und die Region. Für Sie!

 

Zur Person:

Ralf Raspe, Jahrgang 1960, ist Hörfunk- und Fernsehmoderator, Journalist, Sprecher und Autor. Er moderierte über viele Jahre u.a. die "Morgenmelodie" auf WDR 4 und war von 1996 bis 2020 Moderator der "Lokalzeit Aachen".