Marcel Schenk 2.0: "Guten Abend, meine Damen und Herren."

Veröffentlicht am 11. August 2022 um 07:54

Marcel Schenk hatte bereits 2020 für "TVIP-Der Report" geschrieben. Heute schreibt er über sein Steckenpferd: Fernsehansagen. Warum er sich dafür stark macht, erfahrt ihr hier in einem Special. 

„Guten Abend, meine Damen und Herren, liebe Zuschauer…“ So fingen früher die Fernsehabende nach den Nachrichten an. Eine adrett frisierte Ansagerin begrüßte die Zuschauer, gab einen kurzen Überblick auf die folgenden Stunden und wünschte „Viel Spaß und gute Unterhaltung mit der nun folgenden Sendung“. Aus den Kreisen der FernsehansagerInnen gingen einige bekannte Moderatoren hervor: Carolin Reiber, Max Schautzer, Uwe Hübner oder natürlich auch Birgit Schrowange.


1992 begann das Ende der Fernsehansagen in Deutschland. RTLplus verbannte sie vom Bildschirm, 1993 folgte SAT.1 und als in den Jahren 2000 und 2004 mit ZDF und NDR die letzten Sender auf Trailer und Off-Stimmen umstellten, war die Ära der AnsagerInnen hierzulande beendet. Kleinere Stationen wie Tele5 oder SAT.1 Gold versuchten sich mehr oder weniger gelungen an einer Wiedereinführung, es blieb jedoch bei Versuchen. Inzwischen sind mit Anixe HD Serie, ARTE, ARD Alpha und AstroTV immerhin wieder einige Sender zu zeitweiligen Ansätzen von Programmansagern übergegangen.

Ich darf meinen Kindheitstraum „Ansager sein“ endlich ausleben und genießen. Dafür habe ich mit der Chefredaktion des Senders, bei dem ich weiterhin auch die Teleshopping Strecke moderiere, ein Konzept erarbeitet. Als Ansager führe ich die ZuschauerInnen zwischen Lebensberatung, Yoga, Teleshop und Lifestylemagazin durch unser Programmangebot, das oft vielfältiger ist als so mancher vermutet hätte.


Der Tag als Ansager beginnt für mich mit dem Weg vom Hotel zum Sender. Meist buche ich mich im Westen Berlins ein, um kurze Strecken bis zum Studio zu haben. Nach passieren der Security am Eingang begebe ich mich direkt in die Maske. Unsere Visagistinnen zaubern mir einen frischen Teint - denn unter den Studioscheinwerfern würde man ansonsten direkt glänzen.


Ich bin dankbar, dass AstroTV nach wie vor auf den Einsatz von Maskenbildnern setzt. Viele Sender sparen hier am falschen Ende und sagen „schmink dich doch einfach selber“ - was der Wichtigkeit dieses Berufes nicht gerecht wird. Zudem ist die Zeit in der Maske nochmal eine kurze „Me-Time“, in der ich gern abschalte und die Texte der Ansagen durchgehe. Sobald ich fertig gestylt bin, wird mein Platz in der Maske bereits wieder neu besetzt. Der Moderator des Lifestyle Magazins „Leichter Leben“ wird ebenfalls für die Sendung abgepudert und freut sich auf den Smalltalk bei geschlossenen Augen.


In der Zwischenzeit bespreche ich mit unserem Techniker in der Regie, wie meine Position im Ansagestudio am besten ausgeleuchtet wird. Das Ansage-Set ist zugleich auch tägliches Set unserer Teleshopping-Sendungen, so dass die Kameras jeden Tag aufs Neue positioniert werden müssen. Die Kameras bei AstroTV sind fernsteuerbar und da wir ohne Kameraleute arbeiten, ist eine vorab Besprechung mit dem Techniker unerlässlich. Wenn ich eingeleuchtet bin gehe ich nochmal die Ansage Texte durch. Wir arbeiten ohne Teleprompter, ich habe also nur die Wahl zwischen „auswendig lernen“ oder „Zettel schreiben“. Letzteres erspare ich mir, denn freies sprechen ist immer angenehmer für die Zuschauer als das ablesen von vorformulierten Sätzen.

Da die Ansage vor unserem Magazin „Leichter Leben“ unmittelbar vor der Sendung und ohne weitere Werbeunterbrechung stattfindet, warte ich bis im Studio gegenüber alle startklar sind. Anschließend zählt die Regie mich über mein "InEar" (also den berühmten Knopf im Ohr) runter. „3….2….1….und bitte“ höre ich und im selben Moment wechselt das Licht an meiner Kamera auf Rot.


„Hallo liebe Zuschauer, bevor es hier gleich weitergeht mit unserem Magazin "Leichter Leben" habe ich noch einen Programmtipp für Sie. Heute Abend um 20 Uhr….“ Die Ansage geht störungsfrei über den Sender und als ich „viel Spaß und gute Unterhaltung“ gewünscht habe, startet auch bereits der Vorspann (neudeutsch: „Opener“) der Sendung. Meine Ansage ist beendet - an ausgewählten Tagen habe ich bis zu 10 Ansagen auf den Sendetag verteilt, heute bleibt es aber bei dieser einen Tagesvorschau/Ansage.

Der Beruf des Ansagers mag im deutschsprachigen Raum von den Bildschirmen verschwunden sein, ich finde es aber schön und richtig (und auch wichtig), die Zuschauer persönlich zu begrüßen und auf die Sendungen einzustimmen. Unpersönliches Programm kann ich schließlich auch in einer Mediathek zur Wunschzeit abrufen, im Klassischen TV empfinde ich eine Anmoderation als schönen Service. Meist ist der Sendetag für mich natürlich nicht nach einer Ansage beendet.

Ich bereite im Anschluss den nächsten Teleshop vor und bespreche mich mit meinen Produktexperten/Gästen. Danach wird das Make Up in der Maske nochmals aufgefrischt und dann geht es ins Shop-Set und ich moderiere 120 Minuten spirituelles Verkaufsfernsehen. Ohne Ansage (ich kann mich ja schlecht selbst ankündigen). Schade.

 

Zur Person:

Marcel Schenk wuchs als Kind der 1980er Jahre (übrigens das beste Jahrzehnt ever) im Ruhrgebiet auf und steht seit 2010 regelmäßig als (Teleshopping-)Moderator vor der Kamera. Hierbei lernte er viele Sender kennen. Seit 2020 ist er zudem als „Deutschlands letzter Fernsehansager“ regelmäßig bei AstroTV zwischen den Sendungen im Einsatz und führt mit guter Laune durchs Programm.

 

Marcel Schenk im Internet findet ihr HIER